Im Verlauf der Jahrtausende haben sich drei große Traditionslinien im Yoga aus unterschiedlichen Grundlagentexten entwickelt:

  1. Der religiös geprägte Yoga basiert auf den Upanishaden, einer Textsammlung aus der Zeit um 800 v. Chr., in der die Essenz der Veden – der alt-indischen Schriften zu Religion und Philosophie – festgehalten, diskutiert und kommentiert wurde. Eine weitere Quelle indischer Weisheit erkennt dem Yoga ebenfalls eine besondere Bedeutung zu: die Bhagavadgita, ein großes Lehrgedicht aus 18 Gesängen im Mahabharata, das – zusammen mit dem Ramayana – den um 500 v. Chr. entstandenen Nationalepos bildet. Diese große Schriftensammlung vermittelt das historische Wissen auf überaus anschauliche Weise.

  2. Der klassisch-philosophische Yoga basiert auf Patanjalis Yoga-Sutras (entstanden in der Zeit 200 v.–200 n. Chr.), die häufig als Grundlagentexte des Yoga schlechthin bezeichnet werden. In diesen Sutras (Leitfäden) wird die Funktionsweise des Geistes beschrieben und ein Weg aufgezeigt, um die Störungen im Geist zu überwinden und zu wahrer Erkenntnis über sich und die Welt zu gelangen.

  3. Der Hatha Yoga hat die Hatha Yoga Pradipika (entstanden 800–1200 n. Chr.) zur Grundlage – gewissermaßen ein Praxishandbuch zu Patanjalis Sutras. In ihr werden Körperpraktiken beschrieben, durch die der Körper als Werkzeug auf dem Weg zur Erkenntnis eingesetzt werden kann.


Auf der Grundlage der Bhagavadgita, der Sutras Patanjalis und der Hatha Yoga Pradipika entwickelten sich die zentralen Konzepte der yogischen Weltanschauung; alle späteren Werke zum Yoga finden hier in der einen oder anderen Weise ihre Wurzeln. Und auch die heutige Yoga-Praxis verbindet häufig eine oder mehrere Traditionslinien.