Ahimsa gehört zu den Yamas, dem ersten Glied des achtgliedrigen Pfads nach Patanjali. Das Konzept von Ahimsa (sanskr.: a Abwesenheit von; himsâ: Ungerechtigkeit, Gewaltlosigkeit, Grausamkeit) geht weit über die rein körperliche Gewaltlosigkeit hinaus; vielmehr geht es darum, destruktive Taten – aber auch Worte und Gedanken – zu erkennen und so weit wie möglich aus dem eigenen Leben zu verbannen. Das schließt einen bewussten und rücksichtsvollen Umgang mit der Umwelt, mit anderen Lebewesen und nicht zuletzt mit sich selbst ein. Es gilt, allem Lebendigen gegenüber eine tiefgreifende Sensibilität zu entwickeln und in jeder Situation abzuwägen, welche Verhaltensweise den geringsten Schaden anrichtet.

In seinem Buch „Yoga. Tradition und Erfahrung.“ definiert T.K.V. Desickar Ahimsa als die „wohlüberlegte Rücksichtnahme auf Menschen und Dinge“. Demnach ist Ahimsa nicht einfach nur der Verzicht auf Gewalt, sondern umfasst eine Grundhaltung der Rücksichtnahme und Überlegtheit gegenüber der äußeren Umwelt. Bei jeder Entscheidung für oder gegen etwas gilt es die äußeren Umstände zu berücksichtigen und die Fürs und Widers gegeneinander abzuwägen. Das lässt eine gewisse Flexibilität und einen Handlungsspielraum zu – natürlich immer mit der Maßgabe, aufmerksam, rücksichtvoll und zugewandt zu agieren. Diese Zugewandtheit erstreckt sich nach Desikachar nicht nur auf die äußere Umwelt, sondern auch auf einen selbst. Beides in Einklang zu bringen ist die große Kunst. Prinzipienreiterei bezeichnet Desikachar interessanterweise als Mangel an Rücksichtnahme und Überlegtheit, da bei Prinzipienentscheidungen die jeweiligen Umstände vollkommen unberücksichtigt bleiben.